Fortsetzung vom 1. Teil
Wir schrieben den Sommer des Jahres 1987 und kehrten nach absolvierter Ausbildung in Russland zurück in die DDR. Das JG3 in Preschen wurde war das erste von 3 geplanten Geschwadern die mit der MiG ausgerüstet werden sollten, und die ersten der 2 dutzend MiG-29 (20 Kampfmaschinen, 4 doppelsitzige Trainer) kamen Anfang 1988 endlich an.
Kurz darauf wurde der reguläre Flugbetrieb damit aufgenommen und wir flogen auch Manöver mit unseren alten Bekannten den polnischen Fliegern und den Sowjets und „trafen“ uns auch gern mal mit NATO-Piloten im Luftraum über der Ostsee z.B. in der Folge von Alarmstarts, wenn sie den Grenzen unseres Luftraums zu nah kamen
Die bald kommenden politischen Umstürze warfen bereits ihre Schatten voraus, das hatten wir in der SU bereits mitbekommen.
Von der Wendezeit selbst, und den Demonstrationen, haben wir dort oben im nördlichsten Zipfel der DDR recht wenig mitgekriegt, jedoch bekamen wir faktisch keine Urlaubsscheine mehr und konnten das Gebiet nicht verlassen. Man wollte wohl verhindern das wir auch „rüber machten“ – als wenn das jemals ein Problem gewesen wäre – immerhin flogen wir Mach 2+ schnelle Jets und wären weg gewesen bevor die 2. Rotte auch nur aus den gedeckten Stellungen herausgerollt wäre. Natürlich hatten wir alle unsere Familien in der Nähe und somit wäre Republikflucht sehr sehr dumm gewesen, da man diese nicht hätte mitnehmen können und sich klar darüber war, welchen Repressionen man sie mit solch einer Tat aussetzen würde.
Abgesehen davon wäre es natürlich Landesverrat gewesen!
Ok, und der Sprit der MiG reichte nicht besonders lang – wir witzelten oft, das wir eigentlich nur den Luftraum über unserem eigenen Flugplatz wirklich verteidigen könnten…
Die Wende kam und der Flugbetrieb kam für einige Zeit fast vollständig zum erliegen, trotz das wir den üblichen Rotationsschichten-Alarm (8-8-8) die ganze Zeit beibehielten.
Faktisch über Nacht wurden wir dann Offiziere der Bundesdeutschen Luftwaffe. D.h. nicht das wir von nun an wieder öfter fliegen durften – denn 1. hatten kurz vorher russische Techniker einige wichtige und geheime Komponenten (Freund-Feindkennung, Funkschlüssel) der MiG entfernt, 2. war der Teilenachschub durch den Zusammenbruch des Ostblocks und damit das wir nun zum „Westen“ gehörten erschwert.
Außerdem wurden die meisten von uns 1-2 Dienstgrade degradiert und wir de facto erstmal heim geschickt.
Dies änderte sich dann doch bald und wir wurden weniger Stiefmütterlich behandelt, da die NATO, ganz besonders die Luftwaffe selbst und di Amerikaner natürlich enormes Interesse an den MiGs, den taktischen Wissen und der Technik hatten – und wir, neben dem Bodenpersonal und technischen Offizieren, die jenigen waren, die sich damit auskannten.
Abgesehen davon flogen wir das modernste Flugzeug in der Luftwaffe 🙂 vom Jäger90/Eurofighter konnte man ja auch die nächsten Jahre nicht viel mehr Prototypen und Prospektbilder sehen…
So kam es das Teile des Geschwaders von Laage aus zusammen mit den uralten F-4 Phantom „Luftwaffen-Diesel“ die Luftverteidigung der nun vereinigten BRD übernahmen und dort als Alarmrotte fungierten.
Viel interessanter wurde es für einige der erfahreneren Piloten – sie wurden nach Übersee verlegt und durften dort im Rahmen der Ausbildung von NATO Piloten die MiGs fliegen und die angehenden und auch erfahreneren Flieger des ehemaligen Gegners in Taktik und Theorie unterrichten.
Die meisten der MiGs wurden je nach Bedürfnissen umgerüstet, z.B. den Deutschen im normalen Flugbetrieb die Triebwerksleistung um 10% gedrosselt, was die Lebensdauer der Turbinen um ein Mehrfaches erhöhte und sie wurden auch mit modernerer Avionik ausgerüstet und „NATO-kompatibel“ gemacht.
Der weilen über dem Teich durften wir, nachdem man die genaueren Flugeigenschaften der MiGs in allen erdenklichen Fluglagen und Höhen, sowie ihre Radarsignaturen, die Auffassungsfähigkeit der Radare und Abwehrfähigkeiten der SAMs etc. sehr genau untersucht hatte, auf verschiedenen MiG-Mustern meist OPFOR in größeren Manövern und bei kleineren Übungen spielen, oder in vertiefenden Ausbildungsabschnitten realistische Feinddarstellung für die Ausbildung von Luftabwehrtruppen, oder auch mal Bombern fliegen, oder mit einigen F-1X Piloten auf Trainern ein paar Runden drehen, damit sie auch ein Gefühl für den „Feind“ bekamen.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, das das fliegerisch eigentlich die tollste Zeit war, da wir jede Menge Flugstunden sammeln konnten und relativ Freie Hand in der Planung und Ausführung der Missionen hatten – viel freier als wir uns das vor Jahren auch nur im Entferntesten vorstellen konnten.
Dazu war die Kameradschaft unter den Fliegern weltweit sehr groß und wir waren immer mehr oder weniger die Attraktion mit unseren MiGs.
Das wir uns natürlich nicht Lumpen ließen und die Manöver mit russischsprachigen Funkgesprächen und Manövern im Realismus aufwerteten, brauch ich sicherlich nicht zu erwähnen.
Das die MiGs sich im Vergleich im Luftkampf auch recht gut schlugen und die Amerikaner besonders von den Fähigkeiten der russischen Luft-Luft Raketen böse überrascht waren, ist auch längst bekannt.
Das die MiG letztlich nicht der „Überjäger“ war ist klar. Besonders mit der originalen Avionik und der auf russischer Doktrin basierenden immer noch stark bodengebundenen Führung und der damit kargen Radaraustattung, der recht Komplizierten Bedienung der Feuerleit- und Waffensystem sowie den enorm durstigen und Wartungsintensiven Triebwerken, lies das nichts anderes erwarten.
Ohne AWACS Unterstützung und vor allem mit den später eingerüstet elektronischen Upgrades konnten wir aber dem „Gegner“ das Leben unheimlich schwer machen und etliche Luftsiege erringen, bevor wir dann meist durch die zahlenmäßige Überlegenheit, oder weil uns der Sprit und die Munition ausging…wir durch die Zusatztanks ein größeres Radarecheo bei verringerter Wendigkeit hatten, letztendlich doch meist „abgeschossen“ wurden oder „flüchten“ mussten.
Dank der engen Zusammenarbeit mit den Amerikanern, war es in dieser Zeit auch möglich auf einigen ihrer „Teen“-Serien-Muster zu fliegen und so ein vertieftes Verständnis für andere Flugzeuge im speziellen und die Fliegerei, sowie die Konstruktions- und Führungskonzepte, im Allgemeinen zu bekommen.
Wie anfangs gesagt, die Zeit von der Wende bis zum 42. Lebensjahr und dem altersbedingten Ausscheiden, war besonders intensiv und ereignisreich, auch wenn sie familiär allerhand Entbehrungen bedeutete. Doch war der Traum vom Fliegen und seine Realisierung über all die Jahre zu reizvoll.
[…] bereits bei in den Texten Flying the Mig-29 for WP and NATO Part 1 und Part 2 erwähnt, wurden wir in die Bundeswehr übernommen und größtenteils deutlich degradiert. Dazu […]